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Archäoastronomie im Osten Deutschlands

Peter Osenberg

Abb. 1: Nebra-Scheibe wie gefunden

Abb. 2: Die Entwicklung der Nebra-Scheibe

Dass auch Deutschland dem astronomisch Interessierten einiges zu bieten hat, habe ich in vielen anderen Artikeln in der STERNZEIT bereits erwähnt. Doch speziell der Osten der Republik wurde bisher etwas vernachlässigt – zu Unrecht, wenn man sich einmal näher damit beschäftigt.

Der ursprüngliche Auslöser für meine Reise an Saale und Unstrut war der Auffassung geschuldet, dass „in vino veritas“ liegt. Und da nicht nur im Westen und Südwesten Deutschlands guter Wein produziert wird, sondern sehr wohl auch im Osten, habe ich im Sommer 2013 eine Tour Richtung Sachsen unternommen (vgl. STERNZEIT 4/2013 – Die Sternwarte in den Weinbergen). Doch auch ein Stückchen weiter nordwestlich wird noch Wein angebaut – und gleichzeitig gibt es einige Möglichkeiten, sich mit astronomischer Frühgeschichte zu beschäftigen. Die beiden bekanntesten Orte sind vermutlich Nebra und Goseck.

Mein erster Weg im Juli 2016 führte mich also nach Nebra, etwa auf halber Strecke zwischen Halle/Saale und Erfurt gelegen. Bekannt geworden ist Nebra durch die gleichnamige Himmelsscheibe, einem der bedeutendsten archäologischen Funde des vergangenen Jahrhunderts. Es handelt sich dabei um eine Bronzescheibe mit Goldauflagen, die als die bislang älteste konkrete Darstellung des Kosmos weltweit angesehen wird und etwa 3.600 Jahre alt ist. Sie gilt als Schlüsselfund für Archäologie, Astronomie und Religionswissenschaften und zeigt den Vollmond (bzw. die Sonne), einen Sichelmond sowie die sieben Sterne der Plejaden vor dem gestirnten Himmel (Abb. 1). Diese Scheibe wurde im Laufe der Jahre mehrfach verändert (Abb. 2).

Anfänglich waren auf der kreisrunden Platte mit etwa 32 cm Durchmesser neben den beiden größeren genannten Objekten 32 kleine Sternenplättchen angebracht. Später wurden noch am Rand die sogenannten Horizontbögen angebracht, die aus Gold anderer Herkunft bestehen, wie inzwischen bewiesen ist. Um hierfür Platz zu schaffen wurde ein Goldplättchen auf der linken Seite etwas zur Mitte hin versetzt, zwei im rechten Teil wurden von den Horizontbögen überdeckt. Die zweite Ergänzung ist eine Sonnenbarke am unteren Rand, die wiederum aus anderem Gold gefertigt wurde. Als die Scheibe schließlich vergraben wurde, hat man eine dritte Veränderung vorgenommen: der linke Horizontbogen wurde entfernt und die Scheibe erhielt am Rand insgesamt 40 sehr gleichmäßig ausgestanzte Löcher.

Natürlich wurde die Himmelsscheibe, die 1999 von zwei Grabräubern auf dem 202 m hohen Mittelberg inmitten des Ziegelrodaer Forstes gefunden und 2002 sichergestellt wurde, einer gründlichen Überprüfung unterzogen, an der u.a. auch Prof. Dr. Wolfhard Schlosser von der Ruhruni Bochum mitgewirkt hat. Die Bestätigung der Echtheit sowie eine genaue Datierung auf etwa 1600 vor unserer Zeitrechnung erfolgte mit mehreren Techniken, auch anhand der Untersuchung der Beifunde, wie Bronzeschwerter und Armreife, aber auch einem Stück Birkenrinde an einem der Schwerter.

Es gibt im Moment zwei wesentliche Theorien, wozu die Scheibe letztendlich gedient haben könnte. Prof. Schlosser und der Archäologe Harald Meller vom Landesamt Halle vertreten die Auffassung, dass die Scheibe eine Erinnerungshilfe für die Bestimmung des bäuerlichen Jahres dargestellt haben könnte, bezogen auf den Untergang der Plejaden in der Abend- bzw. Morgendämmerung. Zu einer anderen Interpretation gelangt der Astronom Rahlf Hansen vom Planetarium Hamburg, wonach schon in der Bronzezeit der Versuch einer Harmonisierung des Mondjahres (354,367 Tage) und des Sonnenjahres (365,242 Tage) erfolgt sein könnte, wie beispielsweise bei den babylonischen und altägyptischen Schaltmonaten.

 

Titelbild Ausgabe 1/2017

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