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Titelstory: Astrophysik
Die Relativitätstheorie (3)

Heinz J. Beister

Kasten 1: Trägheit und Schwere

In den beiden vorangegangenen Folgen der Artikelserie haben wir uns mit einigen wichtigen Erkenntnissen der Relativitätstheorie wie Zeitdilatation und Längenkontraktion befasst und mit den Kritiken, welche ein Teil der Fachwelt geäußert hat. In dieser Folge geht es um einige grundlegende physikalische und philosophische Überlegungen [4], die uns zur Allgemeinen Relativitätstheorie führen.

Galilei, Newton und der Trägheitssatz

Im Jahre 1979 wurde in der römisch-katholischen Kirche unter Papst Johannes Paul II. der Fall Galilei neu aufgerollt und man kam 1992 zu dem Entschluss, dass seine Verurteilung und Inhaftierung im Jahre 1633 unter dem Verdacht der Ketzerei ein Fehlurteil gewesen sei. Nach mehr als 350 Jahren wurde Galileo Galilei damit kirchlich rehabilitiert. Nach seiner Verurteilung im 17. Jahrhundert verbrachte er den Rest seiner Tage unter Hausarrest – zunächst im bischöflichen Palast von Siena, wo er sein letztes Werk „Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige“ [1, S.335 ff.] schrieb. Eine Veröffentlichung des Buches wurde von der Kirche nicht gestattet und wir verdanken Louis Elsevier, einem holländischen Verleger, die Kenntnis dieses epochalen Werkes. Dieser schmuggelte das Manuskript aus Italien heraus und ließ es 1638 im protestantischen Holland drucken. Galilei starb am 8. Januar 1642 in Arcetri, wo er seine letzten Tage verbracht hatte.

Mit Galileo Galilei beginnt die moderne Physik. In seinen "Unterredungen...“ legt er die Grundlagen der klassischen Mechanik. Mit vielen wegweisenden Experimenten untersucht er Bewegungen und berechnet schließlich die Bahn eines Wurfgeschosses durch Überlagerung einer gleichförmigen Bewegung und einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung, die zusammen zu einer parabolischen Flugbahn führen. Bis dahin war man der Ansicht, dass ein bewegter Körper einen Impetus (eine Art innere Bewegungskraft) habe, der im Laufe der Bewegung aufgezehrt wurde und dann am Ende das Wurfgeschoß durch die Schwere einfach zu Boden fiel. Für Galilei hingegen hat ein Körper ein Beharrungsvermögen, das die gleichförmige Bewegung verursacht. Isaac Newton formulierte 1686 auf den Grundlagen Galileis den Trägheitssatz als 1. Gesetz der Bewegung in seinem fundamentalen Werk "Mathematische Prinzipien der Naturlehre“ [1, S.629 ff)]:

Jeder Körper beharrt in seinem Zustande der Ruhe oder der gleichförmigen geradlinigen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern.

Trägheit und Schwere

Die Trägheit ist eine Eigenschaft der Materie und ist Ursache einer "eigenthümlichen Kraft“, die Newton dann als "Kraft der Trägheit“ bezeichnet. Sie ist proportional zur Masse des Körpers und zu unterscheiden von einer anderen Eigenschaft des Körpers, die er als "Schwere“ bezeichnet.

Während die Trägheitskräfte je nach den experimentellen Umständen "angreifend“ oder "widerstehend“ auftreten können, wirkt die Schwere zwischen zwei Körpern nur anziehend und hängt umgekehrt proportional vom Quadrat des Abstandes zwischen den Schwerpunkten der Körper ab. Die Schwere äußert sich durch das Gewicht des Körpers, das zu seiner Masse proportional ist.

Die Untersuchungen zur Schwere wurden mit Pendeln durchgeführt. Man hat sich insbesondere dafür interessiert, ob diese Eigenschaft materialabhängig ist. Newton hat aus diesem Grund pendelnde Dosen mit unterschiedlichen Materialien gefüllt. Ein Ergebnis derartiger Versuche war schließlich das Äquivalenzprinzip, das besagt, dass alle Körper gleich schnell fallen. Im physikalisch-mathematischen Sinn führt das zur Äquivalenz von träger und schwerer Masse (Kasten 1). Die Äquivalenz von träger und schwerer Masse ist heute mit einer Genauigkeit von 10-13 bestätigt und soll durch weitere satellitengestützte Experimente bis auf 10-18 weiter geprüft werden. Das Äquivalenzprinzip ist von fundamentaler Bedeutung für die allgemeine Relativitätstheorie.

 

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