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Himmelsmechanik
Warum steht der Mond so hoch?

Thomas Siebold

Abb. 1: Mond- und Sonnenbahn von der Erde aus betrachtet. Die Erdachse ist um den Winkel ε gegenüber dem Lot zur Ekliptik geneigt. Die Mondbahn ist um den Winkel γ gegenüber der Ekliptik geneigt. Die Drachenpunkte (Schnittpunkte der Mondbahnebene mit der Ekliptik) sind ebenfalls eingezeichnet.

Kurz nach Weihnachten kam im Familienkreis die Frage auf, ob schon jemandem aufgefallen wäre, dass der Mond gerade sehr hoch stehe und woran das liege. Es gibt Fragen, die sind so naheliegend, dass man sich wundert, sie sich nicht schon selber einmal gestellt zu haben. Diese gehörte eindeutig dazu. Wenn wir schon dabei sind, dann können wir auch gleich die Frage untersuchen, wie hoch der Mond überhaupt maximal über dem Horizont stehen kann und zu welchen Zeitpunkten dies der Fall ist.

Die Ekliptik und die Jahreszeiten

Die Ekliptik ist die Ebene, in der sich die Erde um die Sonne bewegt. So wie sich alle Planeten des Sonnensystems näherungsweise in der Ekliptikebene bewegen, macht das auch der Mond. Wie wir wissen, ist die Rotationsachse der Erde gegenüber der Ekliptikebene um 23,44° geneigt. Dieser Winkel ist in Abbildung 1 mit ε bezeichnet. Man spricht auch von der „Schiefe der Ekliptik“ oder vornehmer von der „Obliquität“. Dieser Obliquität haben wir unsere Jahreszeiten zu verdanken. Im Sommer steht die Sonne höher als im Winter und somit ist die an den Himmel projizierte Ekliptik im Sommer auch höher über dem Horizont als im Winter. Allerdings nur am Tage. Nachts ist es genau umgekehrt.

Die Mondphase

Aus dem oben Gesagten ist ersichtlich, dass der Neumond im Sommer gegen 12 Uhr wahrer Ortszeit (WOZ) seinen Meridiandurchgang hat und folglich am höchsten steht. Offenbar macht es aber wenig Sinn, das beobachten zu wollen. Mit zunehmendem Mondalter verschiebt sich der Meridiandurchgang des Mondes in die Abendstunden und erfolgt im ersten Viertel ungefähr um 18 Uhr WOZ. Bei Vollmond erfolgt der Meridiandurchgang ungefähr um 0 Uhr WOZ. Damit ist klar, dass der Vollmond zum Zeitpunkt der Wintersonnenwende zu dieser Zeit seinen höchsten Ort am Firmament einnimmt. Allerdings fallen Vollmond und Wintersonnenwende nur selten auf denselben Tag. Also schauen wir auf den dem 21. Dezember nächstliegenden Vollmond. Man würde nun annehmen, dass genau dann auch absolut die größte Mondhöhe erreicht würde. Tatsächlich findet man häufig bis zu einen Tag früher oder auch später einen leicht größeren Höhenwinkel! Abbildung 2 zeigt die Situation zur Wintersonnenwende um 12:00 WOZ in Friedrichshafen (roter Punkt). Der Mond befindet sich in Opposition.
Im Jahr 2022 fand die Wintersonnenwende am 21. Dezember um 22:48 Uhr MEZ statt. Allerdings hatte der Mond zu dieser Zeit ein Alter von 27,8 Tagen, befand sich also kurz vor seiner Neumondphase. Vollmond war erst am 7. Januar 2023 um 00:08 Uhr MEZ. 0:00 Uhr WOZ entsprach an diesem Datum in Friedrichshafen (9°29‘ östl. Länge, 47°39‘ nördl. Breite) um 0:28 MEZ [1]. Der Mond erreichte um 0:31 Uhr MEZ mit 68,98° seine größte Höhe [2]. Vierundzwanzig Stunden und achtundfünfzig Minuten früher erfolgte der Meridiandurchgang bei einer Höhe von 69,42°. Die Daten der Vollmonde um die Wintersonnenwenden [3] von 2020 bis 2040 findet man in Tabelle 1. Ebenso vermerkt sind dort Datum und Uhrzeit des höchsten Meridiandurchgangs und die zu diesem Zeitpunkt erreichte Mondhöhe, wie sie Stellarium angibt. Der Zeitpunkt der größten Mondhöhe liegt dann in der Regel zwischen Wintersonnenwende und dem nächstliegenden Vollmond.

[1] www.infraroth.de/woz.html
[2] www.stellarium.org; Version 1.22.5
[3] www.der-mond.de/basiswissen/liste-der-mondphasen-aller-jahrhunderte

 

Titelbild Ausgabe 2/2024

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