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sternzeit-Himmel
Aktuelle Beobachtungshinweise für das 2. Quartal 2022

Heiko Ulbricht

Alle Zeitangaben in MEZ und für 51° n. B. und 10° ö. L.! Während der Sommerzeit ist zu allen Zeitangaben 1h zu addieren!

Planeten

Merkur zeigt sich im April in seiner besten Abendsichtbarkeit für das gesamte Jahr. Zunächst steht er vom 02. auf den 03.04. in einer oberen Konjunktion zur Sonne. Anschließend entfernt er sich rasch in östlicher Richtung von ihr, am 29.04 befindet er sich knapp 21° links der Sonne. Ab Mitte April (15.) kann man sodann versuchen, nach dem sonnennächsten Planeten Ausschau zu halten. Mit -1,2 mag leuchtet er sehr hell, was sein Auffinden erleichtert. Seine Höhe beträgt 2,1° über dem Horizont (20h 15min). Im Zeitfenster 20. bis 26.04. kann der Planet leicht gefunden werden. Seine Dichotomie (Halbphase) erreicht er am 25.04. Er kann bis in die ersten Maitage beobachtet werden, wobei seine Helligkeit aber rapide abnimmt. Am 02.05. ergibt sich eine reizvolle Konstellation, wenn die nur 47h alte Mondsichel 2,5° östlich von Merkur ihren Platz einnimmt. Merkur hat dann noch +0,7 mag, fürs Fernglas oder die Kamera kein Problem. Auf jeden Fall sollte man diese Abendsichtbarkeit nicht verpassen.

Venus ist weiterhin gleißend heller Morgenstern. Mit Jupiter, Mars und Saturn bildet sie vor Sonnenaufgang ein auffälliges Planetenquartett. Noch reizvoller wird es, wenn die Mondsichel die Planetenversammlung begrüßt. Alle Angaben dazu findet man in der Tabelle der besonderen Ereignisse. Auch wenn sie nicht beobachtet werden kann, sei noch auf die extrem enge Begegnung des Morgensterns mit Neptun am 27.04. um 20h 12min hingewiesen. Venus zieht nur 0,5‘ südöstlich an Neptun vorüber! Beinahe wäre daraus eine Planetenbedeckung durch einen Planeten geworden! Beobachtbar ist hingegen das enge Treffen mit Jupiter am Morgen des 30.04. - mit 43‘ nicht minder sehenswert!
Die Venusaufgänge erfolgen im Mai immer früher. Im Juni erklimmt sie weiter nördlichere Bereiche des Tierkreises. Kurz nach Mitte Juni wechselt sie ins Sternbild Stier. Ende Juni ist ihre Helligkeit auf -3,9 mag zurückgegangen, der scheinbare Durchmesser auf 12“.

Mars baut seine Position am Morgenhimmel allmählich aus. Im Laufe des Quartals steigt seine Helligkeit von +1,1 mag auf +0,5 mag, der scheinbare Durchmesser nimmt auf etwas mehr als 7“ zu. Mars gesellt sich zur morgendlichen Planetenparade aus Venus, Jupiter und Saturn. Er taucht immer früher in der Zeit nach Mitternacht auf. Ein Blick voraus in die zweite Jahreshälfte: seine Opposition zur Sonne erreicht er am 08.12.2022. Für uns in Mitteleuropa steht er dann 64° (!) über dem Südhorizont und 10° nördlich der Hyaden!! Am Morgen der Opposition wird als besonderes Schmankerl der Rote Planet zudem vom fast vollen Mond bedeckt. Alles Weitere dazu dann in sternzeit-Ausgabe 4/2022.
Am 30.05. überschreitet Mars den Himmelsäquator von Süd nach Nord und wechselt auf die nördliche Hemisphäre des Himmels.

Jupiter taucht Ende April wieder am Morgenhimmel auf. Am 30.04. kommt es zur bereits erwähnten engen Begegnung mit Venus. Jupiter strahlt mit -2,1 mag. Am 25.05. überschreitet auch er den Himmelsäquator von Süd nach Nord. In den frühen Morgenstunden des 29.05. wandert Mars mit nur 37‘ Abstand an Jupiter vorüber. Im Juni wird er sodann zum Planeten der zweiten Nachthälfte. Seine Helligkeit steigt auf -2,4 mag, sein scheinbarer Durchmesser (Äquator) erreicht knapp 41“.

Saturn ist ebenfalls am Morgenhimmel sichtbar. Auch er wird zum Planeten der zweiten Nachthälfte, allerdings schon im Mai – im Gegensatz zu Jupiter. Seine rechtläufige Bewegung wird immer langsamer: am 05.06. erreicht er den ersten Stillstand, wird nun rückläufig und setzt somit zu seiner Oppositionsperiode für dieses Jahr an. Selbige findet am 14.08.statt. Ende Juni beträgt seine Helligkeit +0,6 mag.

Uranus zieht sich endgültig vom Abendhimmel zurück. Am 03.04. nähert sich die schmale Mondsichel über dem Westhorizont bemerkenswert nah dem Planeten. Eine reizvolle Begegnung, die man trotz der geringen Helligkeit des Planeten zu beobachten versuchen sollte. Und zu fotografieren! Am 05.05. befindet er sich dann im Widder in Konjunktion zur Sonne, wobei er nur 21,5‘ südlich der Sonne vorüberzieht. Er bleibt nun für eine Weile unseren Blicken verborgen.

Neptun kann unter günstigen Umständen erst im Juni wieder beobachtet werden, da die Morgendämmerung immer früher einsetzt. Am 29.06. kommt er zum ersten Stillstand und setzt zu seiner Oppositionsperiode an. So wie vor 12 Jahren, als Neptun im März 2010 in den Wassermann wechselte, heißt es nun ab dem 01.05. diesen Jahres „Neptun im Sternbild Fische“. An diesem Tag überschreitet er die Grenze zwischen beiden Sternbildern.

Pluto wird am 30.04. im Sternbild Schütze stationär und bewegt sich nun scheinbar rückläufig. Somit setzt auch er zur Opposition an, die er am 20.07. erreichen wird.

Der Sternenhimmel

Am Sternenhimmel zieht nun endgültig der Frühling ein. Die typischen Sternbilder der Jahreszeit – Löwe, Jungfrau, Haar der Berenike, Bootes, Becher, der Rabe und die Wasserschlange erobern den Nachthimmel.

Das Haar der Berenike ist ein recht unscheinbares Sternbild, welches vom Äußeren her einem offenen Sternhaufen ähnelt. Mitte April um 22 Uhr finden wir es hoch über Süd. Am besten sucht man es außerhalb lichtüberfluteter Städte auf. Blicken wir zu diesem Sternbild, schauen wir recht genau in Richtung Nordpol unseres Milchstraßensystems. Daher fehlen hier ausgeprägte Gas- und Staubwolken. Mit Hilfe eines lichtstarken Fernglases finden wir hier den offenen Sternhaufen Melotte 111. Ebenso bekannt ist in diesem Sternbild eine gewaltige Ansammlung ferner Sternsysteme, der Coma-Haufen, welcher 300 Millionen Lichtjahre entfernt ist. Das Sternbild geht als einziges auf eine reale Gestalt der Geschichte zurück – Berenike war die Gemahlin des ägyptischen Königs Ptolemaios III. Berenike opferte ihr Haar der Göttin Aphrodite, um die Rückkehr ihres Mannes aus dem Dritten Syrischen Krieg zu erwirken. Unmittelbar über Süd finden wir die Wasserschlange, das ausgedehnteste Sternbild des Himmels. Mehr als ein Drittel des Vollkreises südlich des Himmelsäquators nimmt das Sternbild ein. Der hellste Stern des Bildes mit dem Namen Alphard ragt über den Himmelsäquator empor und stellt den Kopf der Schlange dar. Er ist ein relativ heller Stern mit einer Helligkeit von 1.97 mag. Er besitzt den 40fachen Durchmesser unserer Sonne. Dieser Umstand bewirkt, dass der Stern trotz 200 Lichtjahren Entfernung noch in dieser Helligkeit vom Himmel leuchten kann.

Mitte Juni dauert es bis Mitternacht, um den frühsommerlichen Sternenhimmel bewundern zu können. Die astronomische Dämmerung endet nicht, die Abenddämmerung geht nahtlos in die Morgendämmerung über. Im Süden kulminiert der Herkules und mit ihm einige seiner schönsten Objekte: die drei kugelförmigen Sternhaufen M13, M92 und NGC 6229.

Obwohl in der griechischen Mythologie der stärkste und bekannteste Held, schwächelt der Herkules am Himmel. Die Fläche des Bildes ist zwar ziemlich groß – aber seine Sterne lichtschwächeren Typs machen das Bild zu den etwas unscheinbareren ihrer Art. Der Hauptstern Ras Algethi zählt zu den Riesen im Kosmos, dessen Durchmesser den unserer Sonne um das 800fache übersteigt. Vor 500 Jahren machte sich sein Licht auf den Weg zu uns und schon in kleineren Fernrohren entpuppt er sich als Doppelstern. 3600 Jahre benötigt sein Begleiter für eine Runde um ihn.

Im Nordosten steigt die Kassiopeia wieder empor, während der Große Wagen seiner „Parkposition“, der unteren Kulmination, entgegen strebt.

An ein Phänomen lauer Sommernächte sei erinnert: es ist die Zeit Leuchtender Nachtwolken, die nun wieder beginnt. Diese zauberhaften Erscheinungen bläulich schimmernder Wolken über dem Nordhorizont fesseln ihre Beobachter immer wieder. 2019 und 2020 waren Jahre extrem starker Aktivität der NLCs. Der Autor des SZ-Himmels beobachtet die NLCs seit 1998 regelmäßig und hat seitdem keine stärkeren Jahre als 2019 und 2020 erlebt.

Sonne

Datum Dämmerungsanfang Aufgang Kulmination Untergang Dämmerungsende
01.04. 03h 59min 05h 53min 12h 23min 18h 55min 20h 50min
15.04. 03h 19min 05h 23min 12h 20min 19h 18min 21h 23min
01.05. 02h 29min 04h 50min 12h 17min 19h 44min 22h 08min
15.05. 01h 36min 04h 27min 12h 16min 20h 06min 23h 00min
01.06. - 04h 08min 12h 17min 20h 28min -
15.06. - 04h 01min 12h 20min 20h 39min -
30.06. - 04h 05min 12h 23min 20h 41min -

Beginn der Sonnenrotation Nr. 2256: 2022 April 03, 20h 24min
Beginn der Sonnenrotation Nr. 2257: 2022 Mai 01, 02h 42min
Beginn der Sonnenrotation Nr. 2258: 2022 Mai 28, 08h 02min
Beginn der Sonnenrotation Nr. 2259: 2022 Juni 24, 12h 48min

Mond-Phasen

Neumond Erstes Viertel Vollmond Letztes Viertel

01.04. 07h 24min

09.04. 07h 48min 16.04. 19h 55min 23.04. 12h 56min
30.04. 21h 28min 20.04. 01h 21min 16.05. 05h 14min 22.05. 19h 43min
30.05. 12h 30min 19.05. 15h 48min 14.06. 12h 52min 21.06. 04h 11min
29.06. 03h 52min      

Mond-Apsiden

Apogäum Perigäum
Datum MEZ Entfernung in km Datum MEZ Entfernung in km
07.04. 20h 10min 404439 19.04. 16h 12min 365144
05.05. 13h 45min 405287 17.05. 16h 26min 360299
02.06. 02h 14min 406192 15.06. 00h 23min 357435
29.06. 07h 10min 406576      

Besondere Ereignisse

02.04.2022
19h 45min, Erste Sichtbarkeit der zunehmenden Mondsichel (36h nach Neumond, 2,3 %)

03.04.2022
03h 00min, Merkur in oberer Konjunktion zur Sonne
19h 45min, Mond bei Uranus (58,9‘!)

05.04.2022
05h 00min, Mars bei Saturn (19‘!)

13.04.2022
23h 00min, Merkur im Perihel

18.04.2022
20h 10min, Merkur bei Uranus (2,3°, Fernglas benutzen!)

25.04.2022
04h 10min, Mond bei Saturn (5,6°)

26.04.2022
04h 20min, Mond bei Mars (4,7°)

27.04.2022
04h 30min, Mond bei Venus, Jupiter und Neptun
04h 30min, Venus sehr eng bei Neptun (43‘)

28.04.2022
04h 40min, Letzte mögliche Sichtbarkeit der abnehmenden Mondsichel (schwierig, 41h vor Neumond)

29.04.2022
09h 00min, Merkur in größter östlicher Elongation zur Sonne (21°)

30.04.2022
21h 00min, Mond bei Uranus (2,9°)
21h 41min, Partielle Sonnenfinsternis, in Europa unsichtbar. Sichtbar im südlichen pazifischen Ozean, Küstengebieten der Antarktis, südliches Südamerika.
22h 00min, Pluto Stillstand, anschließend rückläufig, Beginn Oppositionsperiode

01.05.2022
04h 00min, Venus nahe bei Jupiter (sehenswert, 19,9‘)
20h 15min, Erste mögliche Sichtbarkeit der zunehmenden Mondsichel (Fernglas, 23h nach Neumond, 0,77 %)

02.05.2022
20h 35min, Mond bei Merkur (2,6°, sehenswert, Merkur +0.7 mag, Plejaden gleicher Abstand rechts von Merkur)

05.05.2022
08h 18min, Uranus in Konjunktion zur Sonne (21,5‘ südlich)

11.05.2022
00h 00min, Merkur Stillstand, anschließend rückläufig

15.05.2022
12h 00min, Venus im Aphel

16.05.2022
05h 11min. Totale Mondfinsternis, in Europa nur teilweise sichtbar.

Eintritt in den Halbschatten: 02h 31min
Eintritt in den Kernschatten: 03h 27min
Beginn der Totalität: 04h 28min
Maximum (1.4137) 05h 11min
Ende der Totalität: 05h 55min
Austritt aus dem Kernschatten: 06h 56min
Austritt aus dem Halbschatten: 07h 52min
Sonnenaufgang: 04h 26min
Monduntergang: 04h 34min

Der Eintritt in den Kernschatten kann bis Monduntergang im Westen beobachtet werden. Mit Beginn der Totalität geht der Mond in unserer Region unter.

18.05.2022
03h 00min, Mars bei Neptun (32,5‘)

21.05.2022
20h 00min, Merkur in unterer Konjunktion zur Sonne (1,2° östlich)

22.05.2022
03h 00min, Mond bei Saturn (6°)

24.05.2022
03h 00min, Mond bei Neptun (7,2°)

25.05.2022
03h 00min, Mond unterhalb von Mars und Jupiter (4°)

26.05.2022
03h 20min, Mond 11° westlich der Venus

27.05.2022
03h 20min, Mond 1,1° südlich der Venus (sehr sehenswerte enge und reizvolle Begegnung!)
23h 00min, Merkur im Aphel

28.05.2022
03h 40min, Letzte Sichtbarkeit der abnehmenden Mondsichel, 33h vor Neumond

29.05.2022
03h 00min, Mars bei Jupiter (37‘)

31.05.2022
21h 00min, Erste Sichtbarkeit der zunehmenden Mondsichel (32h nach Neumond, 1,6 %)

03.06.2022
01h 00min, Merkur Stillstand, anschließend rechtläufig

05.06.2022
15h 00min, Saturn Stillstand, anschließend rückläufig (Beginn Oppositionsperiode)

12.06.2022
03h 00min, Venus bei Uranus (1,5°)

16.06.2022
16h 00min, Merkur in größter westlicher Elongation (23°)

18.06.2022
01h 00min, Mond bei Saturn (westlich)

19.06.2022
01h 00min, Mond bei Saturn (östlich)

21.06.2022
10h 14min, Solstitium, Sommersonnenwende, astronomischer Sommeranfang
02h 00min, Mond bei Neptun (5,1°)

22.06.2022
02h 00min, Mond genau zwischen Jupiter und Mars

23.06.2022
02h 00min, Mond bei Mars (3,6°)

25.06.2022
02h 30min, Mond bei Uranus (2,1°)

26.06.2022
03h 00min, Mond 2,4° oberhalb der Venus, 4,5° oberhalb des Mondes die Plejaden (sehr sehenswert!)

27.06.2022
03h 20min, Mond 3,4° genau senkrecht über Merkur (-0,5 mag, sehr sehenswert!)

29.06.2022
00h 00min, Neptun Stillstand, anschließend rückläufig (Beginn Oppositionsperiode)

30.06.2022
21h 40 min, Erste Sichtbarkeit der zunehmenden Mondsichel (42h nach Neumond, 2,7 %)

 

Titelbild Ausgabe 2/2022

Dieser Text erschien in

Ausgabe 2 / 2022

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