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Astro-Praxis
Der ISS-Transit vor der Sonne am 28.04.2021

Horst-Dieter Döricht, ISS-Bilder: Andreas Rausch

Abb.1: Geräteaufbau zur Beobachtung des ISS-Transits vor der Sonnenscheibe

Nur eineinhalb Kilometer nordwestlich der nordhessischen Kleinstadt Edermünde befand sich die Zentrallinie, auf der die ISS am 28.04.2021 um 09:08:24 über die Sonnenscheibe fliegen sollte. Schon Tage zuvor wurden mit Google Earth und dem Astroprogramm Stellarium die erforderlichen Daten ermittelt. Auch eine Besichtigung des Beobachtungsplatzes wurde tags zuvor vorgenommen. Bei so einer Aktion muss alles passen, da der Durchflug der ISS durch die Sonne nur 1,2 Sekunden dauert.

Eineinhalb Stunden vor dem Ereignis haben wir das Fernrohr aufgebaut und alles exakt ausgerichtet. Der Laptop zur Steuerung der ASI Kamera war versteckt in einer schwarzen Box untergebracht, damit man beim gleißenden Sonnenlicht den Monitor in aller Ruhe betrachten und die Werte für die Kamera einstellen konnte. Eine Decke über dem Kopf schirmte das Restlicht ab (Abb. 1). Der verwendete Refraktor ist ein selbstgebautes Gerät, das aus einem Kohlefaser-Kevlar Tubus mit einem fein justierbaren Okularauszug besteht (siehe Abb. 1). Als Optik dient die 50mm-Linse eines Zeiss Telementor Schulfernrohres aus DDR-Zeiten. Mit seinen 560 mm Brennweite ist das Gerät ideal für die Verwendung mit einer ASI Astrokamera. Eine Baader Sonnenfilterfolie ist vor der Linse im Taukappen-Ende eingebaut. Als Sonnenfilter wurde der Baader Kalzium Einschraubfilter verwendet. Das ganze Gerät ist durch den Kohlefaser-Tubus so leicht, dass es von der LX2 Montierung spielend nachgeführt wird (siehe auch [1]).

Um 9:00 Ortszeit wurde es so langsam spannend. Der ISS Durchgang sollte um 09:08:24 sein. Die ASI Kamera war auf eine Zeitfolge von 160 Bildern pro Sekunde im AVI Modus eingestellt. Da kamen also eine Menge Bilder zusammen. Deshalb starteten wir die Aufnahme erst 20 Sekunden vor dem berechneten Durchgang. Mit der Funkuhr APP der Physikalisch Technischen Bundesanstalt, die die Cäsium Mutteruhren für alle Anbieter betreibt, kontrollierten wir die Uhrzeit. Ich fotografierte mit der Spiegelreflex das laufende Bild der Funkuhr auf dem Handydisplay, damit wir authentisches Bildmateriel hatten.

Um 9:08:00 wurde die Aufnahmekameraam Fernrohr gestartet. Endlos zogen sichdie Sekunden dahin. Tausend Gedankenschwirrten einem durch den Kopf. Passt alles? Stimmt die berechnete Uhrzeit? Stehenwir wirklich exakt auf der Zentrallinie? Und wie wir auf der Zentrallinie standen. Es passte alles auf den Punkt. Genau um 09:08:24 meldete Andreas unter der gelben Decke: „Eben ist eine Fliege durchs Gesichtsfeldgehuscht. Das müsste es gewesen sein.“Eigentlich total unspektakulär. Jemandem, der unaufmerksam auf den Monitor geschaut hätte, wäre der ISS-Durchflug überhaupt nicht aufgefallen.

 

Titelbild Ausgabe 3/2021

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