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Luis Dilling / Mitarbeiter: Claudia Benke, Emil Schneider, Nik Nowoczyn, Justin Lugauer, Massimiliano Christ
Abb. 1: Die Schülergruppe des Astronomischen Lehrzentrums (ALZ) in Heidelberg unter der Leitung von Dr. Richard Preis.
Abb. 2: Plutomond Charon (NASA/ JHUAPL/ SwRI)
Das Ziel unserer Sonde ist der Zwergplanet Pluto, der wegen seines sehr großen Mondes interessant ist: Dieser Mond ist so groß, dass das Rotationszentrum des Systems außerhalb von Pluto liegt. Die Erforschung der Herkunft dieses großen Mondes ist das Hauptziel der Mission.
Unter anderem soll die Entfernung zwischen Pluto und Charon noch genauer gemessen werden, der strukturelle Aufbau der beiden Planeten soll erforscht werden und möglicherweise vorhandene Magnetfelder sollen quantitativ untersucht werden. Ein weiteres Ziel ist es, Parallelen zwischen dem System Pluto-Charon und dem System Erde-Mond zu finden, um dadurch die Entstehung des Pluto-Charon-Systems, letztendlich aber auch die Entstehung unseres Erdmondes besser verstehen zu können. Nebenziel der Mission sind die Entdeckung weiterer Pluto-Monde und die Erforschung der Atmosphäre Plutos.
Zur Entstehung unseres Mondes gibt es verschiedene Theorien.
1. Die Einfangtheorie: Nach dieser Vorstellung sei der Mond an einer anderen Stelle des Sonnensystems entstanden, an der ein geringerer Eisenanteil in der Ur-Wolke geherrscht habe. Der Mond soll dann auf seiner Bahn der Erde sehr nahe gekommen sein und diese habe dann den Mond mit ihrer Schwerkraft eingefangen. Dazu hätte der Mond allerdings einen großen Teil seiner Bewegungsenergie verlieren müssen. Außerdem kann dieses Modell nicht erklären, warum auf dem Mond die selben Sauerstoffisotopenverhältnisse wie auf der Erde vorkommen.
2. Die Abspaltungstheorie: Nach dieser Theorie drehte sich die junge glut-flüssige Erde so schnell um ihre eigene Achse, dass sie sich am Äquator sehr stark ausgebeult habe, sich ein Tropfen aus der Erde löste und in eine Umlaufbahn geschleudert wurde. Die chemischen Abweichungen zwischen Mondgestein und Erdkruste sind jedoch viel zu groß. Außerdem müsste die Umdrehung so schnell gewesen sein, dass ein Tag auf der Ur-Erde höchstens 2,5 Stunden gedauert hätte.
3. Die Schwesterplanet-Theorie: Nach dieser Vorstellung seien Erde und Mond gleichzeitig auf dem jetzigen Orbit um die Sonne in der Ur-Wolke entstanden. Von Anfang an haben sich bei der Agglomeration von Staubteilchen und Meteoriten zwei umeinander kreisende größere Klumpen gebildet, die dann nach und nach angewachsen sein sollen. Das Modell kann aber nicht die heutige Dynamik des Erde-Mond-Systems sowie Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung von Erde und Mond erklären.
4. Die Aufprall-Theorie, heutiger (meist anerkannter) Wissensstand: In der Frühphase der Planetenentstehung stieß die Ur-Erde mit einem marsgroßen Proto-Planeten zusammen. Während der schwere Kern des aufprallenden Planeten schmolz und von der Erde verschluckt wurde, sind große Teile der Erdkruste verdampft und in den Weltraum geschleudert worden. Die Trümmer haben sich innerhalb kurzer Zeit in einer Umlaufbahn um die Erde zu einem einzigen Mond zusammengeballt. Etwa die Hälfte der Mondmasse und die Hälfte der Masse der Erdkruste besteht aus Sauerstoffatomen auch mit dem gleichen Isotopenverhältnissen. Das spricht für eine Entstehung des Mondes aus Erdkrustengestein. In der Wolke aus verdampftem Gestein kondensierten bestimmte Elemente besonders schnell, während leicht verdampfende Stoffe sich dagegen in den Weltraum verflüchtigt haben. Das erklärt die unterschiedliche Zusammensetzung des Mondgesteins gegenüber dem Krustengestein der Erde. Mit diesem Modell können auch die Bewegungsenergie und der Drehimpuls des heutigen Mond-Erde-Systems erklärt werden.
Die Messergebnisse der Mission sollen darüber aufklären, welche dieser Theorien auf die Entstehung des Plutomondes Charon angewendet werden kann, oder ob dieser einen weiteren Sonderfall darstellt. Es ist zudem interessant, das Größenverhältnis Pluto-Charon mit dem Erde-Mond zu vergleichen:
Auffällig ist das geringe Massen- und Radienverhältnis, das die Bezeichung Doppelsystem nahe legt.
Alle Längenangaben in [km] | (Zwerg)Planet Radius |
Abstand zum Mond |
Mondradius | Radienverhältnis | Massenverhältnis |
Erde / Erdmond | 6.378 | 384.400 | 1.738 | ~ 3,7 : 1 | ~ 81 : 1 |
Pluto / Charon | 1.185 | 19.571 | 604 | ~ 2 : 1 | ~ 9 : 1 |
Die Raumsonde besteht aus drei Teilen, davon enthält sie zwei Landeeinheiten.
Beim Umkreisen eines gemeinsamen Schwerpunktes ist die Rotationsgeschwindigkeit auf den einander zugewandten Seite geringer als auf den voneinander abgewandten, da die Kreisbahnen größere bzw. kleinere Radien haben. Aus diesem Grund verformen sich Planet und Mond eiförmig und es treten im Fall der Erde Gezeitenwirkungen mit Bremseffekt auf: Da die Erde sich täglich um ihre Achse dreht, muss sie immer auch Reibung zwischen den vom Mond angezogenen und durch Fliehkräfte gebildeten Flutberge und der Erdkruste überwinden.
Der Drehimpuls im Doppelsystem hat einen konstanten Wert. Allgemein besitzen nun Planet und Mond je einen Rotationsdrehimpuls (Eigendrehung) und einen Bahndrehimpuls. Wird der eine kleiner, muss folglich die andere Größe zunehmen, damit der Gesamtdrehimpuls konstant bleibt.
Das hat folgende Auswirkung: Der Mond bremst die Erdrotation und umgekehrt. Die beiden Flutberge ziehen den Mond nun zusätzlich ein wenig an, wobei die Kraft des mondseitigen Flutbergs wegen der geringeren Distanz größer ist. Der Mond läuft nun etwas voran, wenn der Mond in derselben Richtung um den Planeten kreist wie er selbst rotiert. In der Folge wird der Mond beschleunigt und entfernt sich langsam vom Planeten. Kinetische Energie wurde in Potentielle umgewandelt. Dadurch vergrößert sich der Abstand Erde-Mond jährlich um etwa 3,82 cm. Dieser Wert ändert sich unvorhersehbar im Laufe der Zeit. Erfolgen Rotation des Planeten und der Mondumlauf in entgegengesetzte Richtungen, oder kreist der Mond schneller als der Planet sich dreht, so wird der Mond gebremst und nähert sich dadurch dem Planeten. Wenden sich beide Himmelskörper immer dieselbe Seite zu, bleiben die Flutberge genau auf der Verbindungsachse und es findet kein Drehimpulsaustausch statt.
Dies ist für die Mondentstehung von Bedeutung: War der Abstand immer so groß, ist eine Entstehung durch Kollision unwahrscheinlicher. Erde und Mond werden sich immer weiter bis zu einer doppelt gebundenen Rotation entfernen, zu der sie sich immer die gleiche Seite zuwenden. Dieser Zustand lässt sich bereits bei dem Pluto-Charon-System aufgrund des geringeren Massenverhältnisses beobachten.
Nun soll im Rahmen der Sonde auf Pluto und Charon untersucht werden, ob dieser Zustand sich langfristig stabil auch gegenüber äußeren Einflüssen aufrecht erhalten wird und wie der Abstand sich in der Vergangenheit entwickelt haben könnte. Dazu sollen präzise Laser-Abstandsmessungen mit Spiegeln auf der Oberfläche durchgeführt werden.